Die Landeshauptfrau von Salzburg, Gabi Burgstaller, hat angesichts des unfassbaren Verlustes von 350 Millionen Euro mit tränenerstickter Stimme medial ihre Betroffenheit bekundet. Auch wenn Guido Tartarotti in seiner Kolumne im KURIER meint, dass ihm das jetzt wie die Reaktion eines Kindes vorkommt „das ein Glas fallen gelassen hat“ und ihre Aufgabe doch gewesen wäre, dies zu ver-hindern und nicht im nachhinein betroffen zu sein, könnte man doch sagen: Es ist zu-mindest eine menschliche Reaktion zu erkennen. Und eine solche stellt keinenfalls eine Selbstverständlichkeit dar. Die ungeheure Kaltschnäuzigkeit in ähnlich gelagterten Fällen, und von denen gibts zurzeit ja keinen Mangel, von anderen, meist männlichen soge-nannten Verantwortungsträgern, ist ja teils atemberaubend. Und wird dann noch, wie im Medientraining angelernt, als professionelles Handeln verkauft. Es muss doch reichen die Steuerzahler wortreich, mit fester Stimmer und im Brustton der Überzeugung, darüber zu unterrichten, dass es sich hier quasi um höhere Gewalt handelt. All das stellt eine Chuzpe schlechthin dar. Trotzdem, und damit hat Tartarotti recht, ändert Reue nichts an der Realität. Das Geld ist scheinbar futsch, der Schaden ungeheuer. Dass gerade weitere hunderte Millionen nicht auffindbar sind, passt da nur allzugut ins (traurige) Bild. Es ist schwer, es an dieser Stelle nicht mit der Angst zu tun zu bekommen. Wer soll denn das alles jemals wieder zurückbezahlen?
In unserem Buch „Der korrupte Mensch“ stehen unter der Überschrift “ Der Antrieb ist Angst und Gier“ folgende Zeilen: „Wie Kommunen beinhart das ihnen anvertraute Geld mit dubiosesten Finanzkonstruktionen, Fremdwährungskrediten, Swaps & Co, bar jeder Vernunft und jeden Wissens, dem Ruf der großen Finanzwelt folgend, verzockten, ist spektakulär. Wie sie jetzt, auf einem Scherbenhaufen sitzend, kaum mehr die von ihnen verlangten Zinsen zahlen können, ebenfalls.“ Das Buch wurde allerdings viele Monate vor dem sogenannten Salzburg-Skandal verfasst. Denn Salzburg ist ja leider überall. In Linz, St. Pölten, in vielen grossen und kleinen Orten in Österreich – in der gesamten EU, welt-weit… Zugegeben – die Beschreibung dieses Wahnsinns allein wird uns auch nicht weiter-helfen. Unser Buch versucht allerdings die grösseren Zusammenhänge zu erklären und sichtbar zu machen und beschäftigt sich mit möglichen (Aus)wegen. Wie auch in unserem Buch „Financial Crimes – A Threat to Global Security“ plädieren wir, die Finanz-industrie doch endlich als das zu titulieren was sie in Wahrheit ist. Eine Hochrisiko-industrie. Diese würde auch die weiteren notwendigen Schritte zu einem neuen, dringend notwendigen Risikomanagement aufbereiten. Und das auf beiden Seiten. Bei den An-bietern wie bei den Kunden. Zuvorderst muss dabei der systemischen Dimension der Bedrohung breiten Raum gegeben werden. Denn eines ist mittlerweile unerträglich: Die weltweit übliche reflexhaft vollzogenen Behauptung, dass einzelne, unterrangige Mit-arbeiter und -innen durch ihre „krimineller Energie“ Alleinschuld an den entstandenen Schäden hätten.